NLP und Laufen

Zum Thema NLP und Laufen konnte ich nur wenig Literatur finden. Und alle bezieht sich darauf, wie man das „Dranbleiben“ leichter schafft, wenn man sich über Wochen und Monate auf einen Marathon vorbereitet.

So weit, so gut. Jedoch interessiert mich ein ganz anderer Aspekt von NLP und Laufen, nämlich wie ich mit NLP-Technik beim Laufen das Gefühl des Nicht-mehr-Könnens verändern kann.

NLP ist eine psychologische Handwerkskunst, die (unter anderem) dabei hilft Strukturen von Verhalten und Empfinden zu erkennen und durch Veränderung dieser Struktur das Verhalten und das Empfinden schnell positiv zu verändern.

Und eine Besonderheit von NLP ist, dass es mehr eine Tätigkeit als eine Lehre ist. Darum können solche beschreibenden Sätze wie der über diesem Absatz zwar mehr oder weniger zutreffend NLP beschreiben, es aber trotzdem nicht gut erklären. In anderen Worten: NLP kann man tun, wer es nicht getan (oder erlebt) hat, wird sich nur mit Mühe ein zutreffendes Bild davon machen können.

Als Mathematiker würde ich sagen: es ist sehr viel leichter über NLP notwenige Aussagen zu treffen als hinreichende.

Doch heute schreibe ich als Läufer.

Was ich durch NLP gelernt habe, ist unter anderem die schnelle Veränderung von Gefühlen (bei mir oder anderen) zu bewirken, um damit positive Änderungen im Verhalten bis hin zur Tat auszulösen.

Also zum Beispiel eine Angst zu lösen, indem ich überhaupt nicht über das Objekt spreche, das die Angst auslöst, sondern nur darüber, wie es sich für dich anfühlt Angst zu haben; woher du weißt, dass du Angst hat; und wie sich das verhält zum positiven Gegenteil, also einem angstfreien Gefühl.

Besonders leicht geht das mit Kindern. Salopp gesagt stelle ich (fast immer) fest, dass sich gute Gefühle im Bauch anders herum zu drehen scheinen als schlechte. Mit einem Kind kann man nach kurzem Gespräch meist schon spielerisch das Gefühl „rausnehmen, umdrehen und anders herum wieder rein tun“. Und plötzlich ist die Angst weg!

Und jetzt zum Laufen:

8

Auf einer der vielen Inseln der Karibik – weiß schon gar nicht mehr, welche es war. (Foto: Armin Schirmaier)

Heute bin ich ziemlich untrainiert endlich mal wieder mehr als 10 Kilometer gelaufen. Auf einer Strecke, die hin und zurück führte. Bei der ich also am Anfang und am Ende meines Laufs auf derselben Strecke gelaufen bin – wenn auch in unterschiedlicher Richtung.

Und es hat sich beim Hinweg anders angefühlt als auf dem Rückweg. Nämlich war ich an derselben Stelle – Überraschung! – auf dem Hinweg fit und auf dem Rückweg schlapp. Mit der Konsequenz, dass ich beim Hinweg locker weitere 8 Kilometer weit laufen konnte, auf dem Rückweg hingegen nicht.

Nun ist es beim sportlichen Laufen ein Ziel, möglichst schnell und weit zu laufen. Oder anders gesagt: mit der gewünschten Durchschnittsgeschwindigkeit (der „pace“) möglichst weit zu kommen.

Das Ziel ist es also sich möglichst lange nicht schlapp zu fühlen.

Darum wollte ich herausfinden, woher ich eigentlich sicher wusste, dass ich an dieser einen Stelle auf dem Hinweg fit und auf dem Rückweg schlapp war. Also herausfinden, welche Empfindungen es genau braucht, damit mir meine innere Stimme sagt „ich kann fast nicht mehr“.

Und genau diese Empfindungen möchte ich vergleichen mit dem Zustand von „8 weitere Kilometer schaffe ich noch“.

In meinem Fall bin ich zu folgendem Ergebnis gekommen:

Wenn ich fit und im Flow angekommen bin, also nach etwa 2 Kilometern, dann ist mein Lauf wie ein Tanz um mein Gleichgewicht. Ich bin mit meinen Gedanken zum Teil ganz ganz weit weg, aber mit meinen Empfindungen immer dabei meinen Körper und seine immer wiederkehrenden Schritte in einer Art magischen Gleichgewicht zu halten. Vielleicht ist es der energiesparendste Modus zu laufen – das weiß ich nicht genau. Zumindest fühlt sich dieses Gleichgewicht am „richtigsten“ an.

Ich versuche es zu beschreiben: im perfekten Gleichgewicht sind meine Schritte maximal gleichförmig und regelmäßig. Der Folgeschritt muss den Vorgängerschritt jeweils nur minimal korrigieren. Dabei fühlt sich das Laufen ungeheuer leicht und automatisch an. Es läuft mich sozusagen. Nicht das Weiterlaufen ist die Tätigkeit, sondern ich müsste einen bewussten Schritt tun, um aus dem Laufschritt heraus zu gelangen.

Dabei scheint der Vortrieb von ganz alleine zu kommen. Ich muss mich also nicht nach hinten abstoßen um voran zu kommen. Vielmehr stelle ich mir vor, wie ich auf einer klitzekleinen Erde laufe, die nur ein paar Meter Durchmesser hat (so wie auf dem Titelbild vom Kleinen Prinzen), und die sich in der genau richtigen Rotation nach hinten unter mir wegdreht. Ich laufe vor meinem inneren Auge sozusagen immer ganz leicht bergab, so dass ich weder Kraft braucht um voran zu kommen, noch um zu bremsen.

Oder in anderen Worten: ich falle bei jedem Schritt genau im richtigen Maß ganz leicht nach vorne und muss den Schritt tun, um im Gleichgewicht zu bleiben.

Dabei schwingen meine Arme und Beine absolut leicht und so punktsymmetrisch, dass mein Schwerpunkt nur minimale andere Bewegungen macht als die des Vorankommens. Insbesondere bedeutet es, dass ich meine Arme nicht zu sehr angewinkelt halte.

Dabei lächele ich leicht, und mein Blick trifft etwa 4 Meter vor mir auf den Boden. Auch in Gedanken bin ich nicht weiter als 4 Meter voraus.

Diese Körperhaltung fühlt sich etwa so an, als würden zwei sanfte Kräfte an meinem Körper wirken: zum einen eine Art Schnur, die an meinem obersten Rückenwirbel befestigt ist und mich ganz leicht macht. Und zum anderen eine Art Hand, die mich dabei sanft am Hinterkopf hält und ganz leicht nach vorne drückt.

Und unter diesem fast schwerelosen und konstant angeschobenen Körper schwingen Arme und Beine so, dass sie den Körper kaum anders bewegen als voraus.

Dabei geht mein Atem ganz leicht und regelmäßig ein und aus, und mein Gesicht ist kühl.

So ungefähr fühlt es sich für mich an, wenn ich beim Laufen im Flow bin. Oder anders gesagt: wenn es sich so anfühlt, dann weiß ich, dass ich nicht müde bin und noch eine ganze Weile im selben Tempo weiter laufen kann.

Laufen in der Karibik

Mr. Runmap vor Mr. Gpsies vor Mr. Achim Archilles (und weiter hinten Mr. Jogmap) – eine Art Gipfellauf in der flachen Karibik. (Foto: Armin Schirmaier, der mit Kamera allen voraus gelaufen war)

Und wo genau sind nun die Unterschiede dazu, wenn ich mich schlapp und am Ende meiner Kräfte fühle? Nun, es ist in jedem dieser Aspekte anders als geschildert.

Wenn ich nicht mehr auf der gedachten Linie laufe, sondern ständig meine Schritte zum Korrigieren des Gleichgewichts brauche. Wenn ich nicht nicht mehr leicht fühle. Wenn ich Mühe habe beim Vortrieb. Wenn es sich nicht mehr so anfühlt, als würde die Erde unter mir rotieren und ich leicht bergab laufen. Wenn die Schwerpunkte meiner Arme und Beine nicht mehr punksymmetrisch schwingen. Wenn ich in Gedanken am fernen Ziel des Laufes bin („puh, noch soooo weit“) anstatt mich auf die Stelle 4 Meter vor mir zu konzentrieren. Wenn sich mein Gesicht heiß anfühlt und das Atmen schwer.

Das sind die Argumente, die ich „brauche“ um mich schlapp zu fühlen. Ich wiederhole:

  1. leicht fühlen
  2. Mühe empfinden
  3. Gefühl bergab zu laufen
  4. Gesicht fühlt sich heiß an
  5. Atmen fühlt sich schwer an
  6. Gedanken sind an der falschen Stelle
  7. Balance und Gleichgewicht fällt mir schwer

Et voilà, alle 7 Punkte sind Empfindungen und Gefühle.

Also jeweils separat mit etwas Übung, Technik und Konzentration beeinflussbar.

Das habe ich heute bei meinem 10-Kilometer-Lauf gedacht, und in der zweiten Hälfte des Laufes versucht anzuwenden.

Ich bin also jedes dieser Gefühle in Gedanken angegangen und habe mir vorgestellt, wie es sich im positiven Fall anfühlen würde. Ich habe meine Erinnerung an das gute Gefühl genutzt, um damit im Ergebnis meine aufziehende Müdigkeit zu ersetzen versucht durch die Leichtigkeit, die ich in der ersten Hälfte meines Laufes empfunden hatte.

Und dabei habe ich zwei Dinge gelernt: dieser spontane Selbstversuch hat funktioniert. Ich bin knapp 11 Kilometer in 49 Minuten gelaufen, und das obwohl ich nahezu untrainiert bin. Bis zum letzen Meter meines Laufes habe ich mich wirklich leicht und locker gefühlt, und ich bin sicher, dass ich auch noch weiter hätte laufen können – wenn die Strecke nicht plötzlich an meinem Haus geendet hätte. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mein Tempo ohne diese Gedankenspiele durchgehalten hätte.

Und das zweite? Nun, der Lauf ist nun wenige Stunden vorüber, mir tut fast der ganze Körper weh und ich habe starke Kopfschmerzen. So ehrlich will ich sein ;)

Und jetzt zu dir:

Was sind deine Erfahrungen beim Laufen? Woher weißt du, wann du schlapp bist? Ist das bei dir ähnlich wie ich es beschrieben habe, oder ganz anders?

Und hast du schon Erfahrungen damit gemacht, das Gefühl von Schlappheit wegzudenken?

Ich bin gespannt auf eurer Feedback in den Kommentaren!

About Peter Eich

Mathematiker und Philosoph eigentlich, Seriengründer und Investor tatsächlich. Gründer von Inselhüpfen, Radweg-Reisen, Bikemap, Toursprung, Tourbook, Bodensee-Verlag, und Cyclesummit. Außerdem Referent, Immobilien-Investor, Pilot, NLP-Coach und Barista. Und meistens unterwegs.