Ich lebe in Konstanz am Bodensee, einer der schönsten Gegenden, die es gibt. In meiner Mittagspause kann ich entweder am See sitzen und auf die Alpen schauen oder unter Palmen in 1000 jahre alten Gassen einen guten Espresso trinken – beides erreiche ich zu Fuß in drei Minuten.
An einem freien Tag wie heute kann ich spontan wählen zwischen (1) einem Segeltörn mit Freunden, (2) einer Skate-Tour, auf 30km Länge kreuzungsfrei, perfekt asphaltiert und immer am See entlang, (3) einem Tag im kostenlosen Strandbad unter alten Bäumen auf einer riesigen Wiese, zu zwei Dritteln vom See umgeben, mit Beachvolleyball und Sonnenbad, (4) eine Bike-Tour vom Haus weg, die mich in 15 Minuten zu Singletrails in steilen Schluchten führt, und so weiter, und so weiter, und so weiter.
Man sollte glauben, das wäre toll.
Stattdessen ist es furchtbar! Warum? Ganz einfach:
Gehe ich durch die Stadt, so bin ich umgeben von Menschen, die alle Urlaub machen und ganz viel Zeit haben. Klar, ihr Urlaub ist zwar in wenigen Tagen wieder vorbei, und sie werden wieder in Castrop-Rauxel oder Pforzheim am Fließband stehen. Aber bis dahin sind längst ihre Nachbarn hier, und auch die haben dann viel Zeit und Urlaub. Fazit: sobald ich das Büro verlasse, scheine ich der einzige zu sein, der keine Zeit hat und nicht in Urlaubsstimmung ist. Und das geht hier so an jedem einzelnen Tag, sobald ich das Büro verlasse.
Und im Büro? Mein Job ist im Tourismus, und das heißt ich habe tagtäglich mit Leuten zu tun, die Urlaub machen. Alles dreht sich um Freizeit, alle meine Kunden haben verdammt viel Zeit. Nur ich nicht.
Ich scheine hier der einzige zu sein, der immer arbeitet.
Hilfe, ich bin in der Urlaubsdiaspora, holt mich hier raus!
(PS: Ich war Skaten)