Vom Fernsehen zum Spätsehen

Im Spreeblick wurde ich gestern auf einen Dokumentarfilm aufmerksam, der Henryk M. Broder und Kay Diekmann protraitierte, wie sie sich einen langen Abend in einer S-Klasse durch Berlin chauffieren ließen und sich gegenseitig ihre liebsten Stellen zeigten.

broder

Der Abend beginnt bei Axel Springer in Diekmanns Büro, wo Broder warten muss, bis der Chefredakteur der Bild-Zeitung endlich kommt, dabei sein eigenes Buch auf dessen Schreibtisch entdeckt und sich mit den Worten bedankt: „Ich war sehr geschmeichelt, dass mein Buch auf ihrem Tisch liegt – ich finde das jedoch eine Spur zu demonstrativ.“

Mit ähnlich scharfem Wortgefechten zwischen den beiden unvergleichlichen Provokateuren vergeht dann der gesamte Abend. Broder ist dabei immer eine Spur schlagfertiger – wer hätte es gedacht – allerdings beherrscht Diekmann trotz seiner unsäglichen Frisur etwas, das Broder gar nicht hat: die Fähigkeit dem Gegenüber zuzuhören.

Eine wunderbar unterhaltsame Sendung, die man bei Arte anschauen kann.

Bis zu den Fünfzigern gab es im Wesentlichen nur Live-Musik, Live-Vorträge und Live-Theater. Also lauter Dinge, bei denen man am richtigen Ort zur richtigen Zeit sein musste.

Mit der Erfindung des Fernsehens konnte man den Ort selbst bestimmen – eben aus der Ferne sehen.

Und mit der Erfindung des Internets sollte man eigentlich bei allen Sendungen endlich auch den Zeitpunkt selbst bestimmen können – eben Spätsehen.

Zwar bezahlen wir unendlich viele Gebühren an die öffentlich-rechtlichen Monopolverschlafer – aber die allermeisten Sendungen gibt es nicht im Internet. Leider.

About Peter Eich

Mathematiker und Philosoph eigentlich, Seriengründer und Investor tatsächlich. Gründer von Inselhüpfen, Radweg-Reisen, Bikemap, Toursprung, Tourbook, Bodensee-Verlag, und Cyclesummit. Außerdem Referent, Immobilien-Investor, Pilot, NLP-Coach und Barista. Und meistens unterwegs.