Im Vorjahr brachte die Österreich Werbung eine Broschüre heraus, um heimischen Touristikern das Web 2.0 näher zu bringen.
Die erste Auflage ist zwar bereits vergriffen, das PDF steht aber nach wie vor online zum Download bereit.
Mitte Juni soll die zweite Auflage (“Reloaded”) erscheinen, für die ich – neben einigen anderen (zB Georg Holzer, bei dem ich mich u.a. für diesen Satz bedanke;) – einen Text schreiben durfte.
Hier ist die Rohfassung meines Textes:
Openstreetmap und Tourmismus
Als Wikipedia im Jahr 2001 online ging, ahnte damals noch niemand, welche Kraft und Kompetenz im partizipativen Web stecken würde. Doch bereits sieben fünf Jahre später musste sich die Brockhaus Enzyklopädie geschlagen geben. Im Jahr 2008 2006 erschien die letzte gedruckte Fassung der 200 Jahre alten und zuletzt 2.670 Euro teuren Enzyklopädie, und heute möchte niemand die Existenz von Wikipedia missen.
Im Jahr 2004 wurde die „die freie Weltkarte“ Openstreetmap gegründet, die in vielerlei Hinsicht mit Wikipedia vergleichbar ist.
Auch hier tragen Freiwillige ihr Wissen zusammen und verwandeln es in Allgemeingut. Anders als bei Wikipedia muss man hier jedoch kein Experte eines bestimmten Faches sein, um einen Beitrag zu leisten. Bei der Openstreetmap reicht schlichtes Ortswissen – und darin ist jeder von uns Experte, zumindest für einen bestimmten Ort an dem man zuhause ist.
Die Openstreetmap wird eine gewaltige Kraft entwickeln und den Wert von bislang gehüteten kartografischen Werken auf nahezu Null reduzieren. Die Verlagswelt wird revolutioniert werden, wertvoll geglaubte Geschäftsgrundlagen werden dahinschmelzen und der Eintritt in den Markt der Kartografie wird so leicht wie niemals zuvor.
War bislang der Besitz einer Karte entscheidend, so wird nun das Verwandeln der kartografischen Datengrundlage der Openstreetmap in entsprechende Karten zur bestimmenden Kompetenz – die übrigens viel leichter zu erreichen ist und zur Monopolstellung nicht ausreicht.
Die davon ausgehende Innovation wird die Art verändern, wie wir das Web benutzen, und die Karte wird zur Navigation im Web eine zentrale Rolle einnehmen.
Bei der Beurteilung der Openstreetmap darf man eines nicht vergessen: ihr Datenvolumen verdoppelt sich momentan alle fünf Monate. Was heute noch wie ein weißer Fleck aussieht, ist vielleicht schon morgen ein perfekt gezeichnetes Dorf mit einer Datenfülle, wie man sie aus der bekannten Google-Map nicht kennt.
Die uns geläufigen Karten im Web wurden von wenigen großen Firmen kommerziell erstellt und dienen in erster Linie der Navigation von Autofahrern. Um zum Beispiel von der Auto- zur Fußgängernavigation zu gelangen, braucht man jedoch 100 Mal mehr Daten in der Karte, deren Erhebung wiederum bis zu 100 Mal mehr Kosten verursachen würde. Keine Frage, dass das kommerzielle Modell hier an seinen Grenzen angelangt ist.
Und genau hier beginnt die Stärke der Openstreetmap.
Im Zoologischen Garten in Berlin sind schon jetzt alle Fußwege, Gehege und Tierarten in der Openstreetmap zu finden – also eine perfekte Karte für den Rundgang im Zoo. Oder in anderen Worten: der Zoo braucht keine eigene Karte mehr erstellen (lassen), sondern kann sich direkt an der Openstreetmap bedienen.
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Die Openstreetmap ist wie ein Eisberg. Das wenige, was man sieht, sind die Renderungen (also grafischen Darstellungen) eines meist nur geringen Teils der vorhandenen Daten.
So ist in einem gängigen Stadtplan im besten Fall ein Schwimmbad als Symbol eingezeichnet, obwohl die Openstreetmap dessen Namen, Hausnummer, Telefonnummer, Webseite und seine Öffnungszeiten kennt. Viele Daten aus etlichen Kategorien sind aber längst unter der sichtbaren Oberfläche der bekannten Renderung vorhanden.
Und mit genau dieser Datenfülle wird die Openstreetmap sehr bald zu einer der wichtigsten Datensammlungen des gesamten Web werden.
Schon jetzt liefern erste Firmen Module, mit denen man ganz einfach seine eigenen Renderungen der Openstreetmap erstellen kann. So wäre zum Beispiel ein behindertengerechter Stadtplan nur einen Mausklick vom Stadtplan für Radfahrer entfernt – denn beide bringen nur verschiedene Teile desselben Eisberges an die Oberfläche der sichtbaren Karte.
Vielleicht wird eine zentrale Aufgabe einer Tourist-Information bald schon die Komplettierung und Aktualisierung aller touristisch relevanten Daten in der Openstreetmap sein. Dann können sich alle Suchmaschinen, alle Portale und alle dynamisch erstellten Reiseführer daran orientieren, und ein Datensatz, der nicht in der Openstreetmap angelegt ist, existiert dann touristisch praktisch nicht mehr.