Die besten Geschichten passieren mir, wenn ich erstens was anderes vor habe und zweitens einfach mal „ja“ sage.
So war es 1996, als es weder Google noch Google-Maps gab und mir André per Mail die Frage stellte, ob ich mit ihm per Fahrrad von Manali nach Leh reisen wolle. Ich antwortete ihm „Ja! Wo ist das?“
Kurze Zeit später sind wir über den höchsten Pass der Erde geradelt – nicht nur die anstrengendste, sondern auch eine der schönsten Reisen meines Lebens.
Nach dieser Tour hatten wir eigentlich vor mit dem Rad den Oman zu durchqueren, doch dazu kam es nie. Wir begannen beide zu arbeiten und glaubten keine Zeit mehr dafür zu haben.
Und letzte Woche hatte ich überraschend und wider Erwarten keine Termine. Ich fragte alle meine Freunde nach tollen Reisezielen, und irgend jemand nannte Muscat.
Da stand mein Entschluss fest: Oman.
Ich buchte nur den Flug, und den Rest organisierte ich vor Ort. Mietwagen bei der Ankunft am Airport, und Couchsurfing statt Hotels (because it is all about people, not just places).
Entstanden ist dabei diese Rundreise durch ein Land, von dem ich viel erwartet hatte, und das alle meine Erwartungen übertroffen hat.
Muskat ist eine Stadt ohne Zentrum. Man bewegt sich (zumindest ab Mai) nur mit klimatisiertem Auto von einem klimatisierten Gebäude in das nächste. Das geht so weit, dass Omanis ihr Auto vor dem Café einfach laufen lassen, damit bei ihrer Rückkehr das Lenkrad nicht geschmolzen ist.
Angst davor, dass jemand mit der Karre wegfährt, hat hier niemand, denn der Oman ist ein absolut sicheres Land ohne wahrnehmbare Kriminalität.
Wirkliche omanische Küche gibt es zwar, aber die Omanis essen lieber türkisch oder yemenitisch.
Alle meine Couchsurfing-Gastgeber waren Expats, endweder Amerikaner oder Philippinos, die zum Arbeiten in den Oman gekommen sind.
Darum sitze ich hier mit philippinischen Couchsurfern in einem Lokal und esse türkisches Essen.
Muskat ist relativ langweilig. Nach einem Tag hat man als Tourist alles gesehen. Darum bin ich im Land umhergefahren, was dank der fantastischen Straßen mühelos und schnell geht.
Nach einer Stunde Fahrt bin ich am Dibab Sink Hole angekommen und bin zur Abkühlung reingesprungen.
Getreu dem Motto: A wadi a day keeps the heat away.
Die Küstenstraße nach Süden bietet herrliche Ausblicke…
…und dank manch hässlicher Brücke auch tolle Einblicke.
Zum Beispiel diesen ins Wadi Shab – einer der vielen Canyons im Oman, die mit frischem Wasser locken.
Der Weg hinein beginnt mit einer Überfahrt per Boot auf die andere Seite.
Und dann kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Oase mitten in der felsigen Umgebung führt immer tiefer in den Berg hinein und wird dabei immer spektakulärer.
Palmen und saftiges Grün säumen den Weg, der sich mit Laufschuhen und genügend Trinkwasser in zwei Stunden bewältigen lässt.
Der Weg ist nicht markiert, aber man muss einfach nur dem Tal nach hinten folgen.
Entlang des kleinen Flusses gibt es ein Aquädukt, mit dem ein paar Felder bewässert werden.
Nach der Hälfte der Strecke wird das Wasser tiefer. Erste kleine Tümpel tauchen auf.
Und noch weiter hinten tauchten wir in das Wasser ein. Einen Weg außenrum gibt es nicht, man lässt seinen Rucksack einfach zurück und watet im Wasser weiter.
So sieht dann eine Pause aus.
Später wird das Wasser tiefer, und es geht nur noch schwimmend weiter, bis man glaubt am Ende angekommen zu sein.
Doch wenn man genau hinschaut, sieht man einen kleinen Spalt im Fels. Je nach Wasserstand (und Kopfgröße) muss man hier durchtauchen oder kann vorsichtig reinschwimmen.
Bis man in einer so un-fass-bar schönen Höhle auftaucht, in die ein Wasserfall und ein paar Sonnenstrahlen münden. Jeder, der hier das erste Mal auftaucht, schreit vor Freude über das Spektakel.
Der Wasserfall lässt sich erklimmen.
Und oberhalb ist ein natürlicher Whirlpool. Das alles ist so herrlich, dass niemand kürzer als eine Stunde bleibt.
Auf dem Weg zurück geht es fast doppelt so schnell – weil man nun weiß, wo der Weg verläuft (statt sich der Wanderer).
Die Felswände am Wadi sind massiv und fast senkrecht.
Das Wadi Shab ist sicher einer der schönsten Tagesausflüge rund um Muskat.
Meine Fahrt auf der Küstenstraße weiter nach Süden.
Dämmerung in Sur.
Die Promenade von Sur im Abendlicht.
Blaue Stunde in Sur.
Das passiert im echten Leben, wenn jemand in der Openstreetmap Wege nicht richtig verbindet ;)
Mein Weg nach Süden führte mich bis nach Ras al Jinz an einen Strand, an dem Meeresschildkröten ihre Eier ablegen. Ich habe mich nachts einer Führung angeschlossen und tatsächlich eine große und etwa 150 kg schwere Green Back Turtle (klingt besser als Suppenschildkröte) beim Eierablegen beobachtet.
Und plötzlich schlüpften nebenan auch noch 50 kleine Zappeldinger, krochen aus dem Sand und rannten hektisch ins Meer.
Ein fantastisches Erlebnis – pure Erinnerung, keine Fotos.
Die wilden Pferde im Oman haben alle einen Buckel.
Oase im Gebirge.
Das Wadi Bani Khalid erinnert auf den ersten Metern ans Tessin, allerdings bei 40 Grad im Schatten.
Auf diesem Foto ist übrigens die einzige Wolke der gesamten Reise zu sehen.
Da lässt man keine Möglichkeit aus sich im grünen Wasser abzukühlen.
Das Wadi Bani Khalid
A wadi a day…!
Oase
Mein Weg zurück in den Norden des Landes führte mich durchs Landesinnere. Rechts das Gebirge und links immer diese weiße Dünen. Ich ließ es mir nicht nehmen und fuhr mit meinem 4×4 ein paar Kilometer weit in die Wüste.
Am nächsten Tag wollte ich das Gebirge an seiner höchsten befahrbaren Stelle durchqueren – musste am Ende des langen (sehr langen) Tals jedoch umkehren, weil die Straße gesperrt war.
Dann traf ich meine Couchsurfer wieder. Sie nahmen mich mit in ein yemenitisches Restaurant. Statt Tischen gibt es kleine Kabinen, die an Umkleiden erinnern. Und dazu eine Plastikfolie in der Mitte, auf der man isst.
Hier verkehren eigentlich nur Omanis, und ich hätte von außen niemals erkannt, dass ein „Restaurant“ im Gebäude war.
Das Besteck sind die eigenen Finger.
Wobei man die auch zum Zählen verwenden kann. Und war ganz anders als bei uns – erklärte mir Rashid.
Die Null sind alle fünf Finger der offenen Hand, und je mehr Finger man einklappt, desto höher zählt man.
Wobei es zwei Arten gibt, nämlich für Zahlen von 6 bis 15 zählen die Omanis die Falten an den Fingern (3 Stück an jedem Finger = 15).
Im nächsten Wadi ließ ich mir die Füße putzen.
Und dann ging es an meinem letzten Tag auf den geografischen Höhepunkt der Reise.
Ich quälte meinen Toyota ab Al Hamra bis auf den Berg Jebel Shams.
Der fast 3.000 Meter hohe Berg bietet nicht nur eine herrliche Auffahrt…
…sondern vor allem von ganz oben herab einen atemberaubenden Blick in den über 1.000 Meter tiefen und fast senkrecht abfallenden Canyon.